Gegenwärtig hat Russland 57 Handelsbüros mit Zweigstellen weltweit, die seit 2018 dem Ministerium für Industrie und Handel unterstellt sind. Ihre Funktion ist es, Außenwirtschaftsinteressen unseres Landes zu vertreten und Handelsbeziehungen zu fördern.
Dieser Ernennung ging natürlich ein langer Weg voraus. Gewiss spielten das Studium des Fachs „Weltwirtschaft“, Landes- und Sprachkenntnisse eine Rolle. Außerdem hatten fast alle meine Berufsstationen, zum Beispiel als Minister im Swerdlowsker Gebiet oder beim Wirtschaftsministerium in Moskau, einen Bezug zur Außenwirtschaft.
Im Grunde steht vor allen Handelsmissionen Russlands zurzeit die gleiche Aufgabe: Eine Steigerung nichtrohstoff- und nichtenergiebasierter Exporte (NNE). Die Vorgabe leitet sich aus dem Nationalprojekt „Internationale Kooperation und Export“ ab, einem der zwölf Nationalprojekte, die die Regierung in Folge des Präsidentenerlasses vom Mai 2018 realisiert. Für daraus resultierende langfristige, exportorientierte Projekte wollen wir ausländische Investoren, auch aus Deutschland, gewinnen. Unser engster Partner ist dabei das Russian Export Center (REC). Es kümmert sich um die Marketingseite, organisiert Messeauftritte für Unternehmen und ihre Teilnahme an relevanten Businessevents.
Richtig, denn die Kreativindustrie, Film, Animation gehören auch zum NNE-Bereich, der ja unser Fokus ist.
Im letzten Jahr betrugen die gesamten russischen Exporte etwa 405 Milliarden Euro – davon 134 Milliarden Euro aus dem NNE-Bereich. Die Importe lagen bei fast 238 Milliarden Euro. Deutschland ist unser zweitwichtigster Handelspartner – nach China. Die Bundesrepublik hat 2018 Güter im Wert von 27,5 Milliarden Euro nach Russland exportiert und im Wert von 38,2 Milliarden Euro importiert. Nach Bundesländern steht Nordrhein-Westfalen an vorderster Stelle, gefolgt von Hessen, Bayern und Sachsen-Anhalt.
Eine ganze Menge: IT-Produkte, Eisenbahntechnik, Lebensmittel – 2018 exportierte Russland eine Rekordmenge an Getreide auf den Weltmarkt. Als Exportwachstumstreiber gelten Maschinenbau, Pharmazie- und Kosmetikgüter, Chemie, Metallurgie und Holzwirtschaft. Deutsche Investoren sind herzlich willkommen, in diesen Sektoren eine Produktion kostengünstig und unter Inanspruchnahme von Fördermaßnahmen in Russland aufzubauen. Sie müssen nur Lokalisierungsanforderungen beachten und ein exportorientiertes Projekt betreiben. Dann kann man Zuschüsse, Sonderdarlehen beim Industrieentwicklungsfonds, Transportkostenerstattung und dergleichen vom Staat abrufen, an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen oder einen SPIC (Special Investment Contract) mit der Regierung abschließen.
Vor allem der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft, die Deutsch-Russische Auslandshandelskammer und regionale IHKs. Mecklenburg-Vorpommern veranstaltet jährlich den Russlandtag in Rostock. Ich persönlich halte die GRID-Initiative (German-Russian Initiative on Digitalization) von Siemens, SAP, Bosch, Volkswagen, Rostelekom, Zyfra (Renova Group), Skolkovo und anderen Unternehmen für sehr spannend.
Ich könnte ergänzen, auch zugunsten Afrikas und Lateinamerikas. Wir sind bereit, mit allen Ländern zusammenzuarbeiten. Nehmen Sie Indien. Das ist unser bewährter strategischer Partner, der sich an keinerlei Sanktionen gegen unser Land beteiligt. Im Gegenteil entwickeln sich unsere Wirtschaftsbeziehungen gerade prächtig. Indische Unternehmen haben ein großes Interesse am russischen Energieindustriesektor. Das sind nicht nur die Öl- und Gaswirtschaft, sondern auch erneuerbare Energien. Wir laden auch deutsche Unternehmen dazu ein. Es gibt bereits Leuchtturmprojekte für diese Kooperation.
Das erste Mercedes-Benz-Werk Russlands in der Nähe von Moskau, das im April von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, Russlands Präsident Wladimir Putin und Daimler-Chef Dieter Zetsche eröffnet wurde. Oder „Arctic LNG-2“, das neue Flüssiggas-Projekt des russischen Gasproduzenten Novatek, das mit ausländischen Partnern wie TechnipFMC, Total aus Frankreich, Mitsui и JOGMEG aus Japan, CNPC und CNOOC aus China, Saipem aus Italien, Siemens und Linde aus Deutschland und Nuovo Pignone, der italienischen Tochter von GE realisiert wird. Doch Kooperationen zwischen Regionen und Städten, kleinen und mittleren Unternehmen gehören auch zu meinem Aufgabenbereich – nicht nur Großprojekte.
Durch Informationsveranstaltungen und Investorentreffen, wenn Delegationen der russischen Föderationssubjekte – insgesamt sind das 85 – auf Deutschland-Tour gehen. Das sind jährlich etwa 30 Termine, die das Handelsbüro koordiniert. Demnächst reist Tatarstans Präsident nach Thüringen. Im Oktober besucht eine Delegation aus Bayern das Gebiet Uljanowsk und die Republik Tatarstan.
Deutsch-Russische Themenjahre sind ein anderes wichtiges Format. 2018 war den Städtepartnerschaften gewidmet. Aktuell läuft das Deutsch-Russische Jahr der Hochschulkooperation und Wissenschaft. Dank dieser Dialogmöglichkeiten entwickeln sich auch zwischenmenschliche Beziehungen, die uns einander näher bringen und helfen, selbst in schwierigen Zeiten einander zu verstehen.
Das Gespräch führte und übersetzte Svetlana Alexeeva, Strategy Advisor & Inhaberin von DIGITAL INSIGHT CIS, Eurasia & Russia:
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